Wie bei uns die Ensembles und Chöre proben? Einen Einblick in eine unserer Chorproben gibt dieser Bericht über eine Probe des Vokalensembles. Darin singen unsere geübten Sängerinnen und Sänger, die bei uns Gesangsunterricht nehmen.

Eine Probe mit dem Chor für Erwachsene „Il Canzoniere“

„PPPrrrrr“, schnauben die Lippen, „fffffffffft“ und „sssssssssssssssssssssssst“ zischt und säuselt es durch den barocken Rundsaal im Unteren Schlösschen. Das Klavier untermalt mit Harmonien die ansteigenden Tonfolgen die Einsingübungen, mit denen die 30 Sängerinnen und Sänger stimmlich in der Probe ankommen. „Keine Probe ohne Einsingen“, meint Stefanie Fersch, die den Chor „Il Canzoniere“ bereits seit über zehn Jahren leitet. „Mit unseren Stimmübungen wecken wir Lippen, Zunge, Zwerchfell und Atmung auf.“ Natürlich im Stehen. Denn jeder Ton beginnt schon bei den Füßen. Auf den richtigen Stand kommt es an.

In der Chorprobe Note für Note zur Harmonie

Rücken an Rücken geht es weiter. Während Stefanie Fersch auf dem Klavier Tonfolgen vorspielt, lauschen die Sänger mit geschlossenen Augen und singen die kurzen Melodien nach. Erst einstimmig, dann mehrstimmig. „Singen hat enorm viel mit dem richtigen Hören zu tun“, erklärt die Chorleiterin. Das geht manchmal am besten mit geschlossenen Augen. Damit nichts vom Ton ablenkt – auch nicht das freundliche Lächeln aus der gegenüberliegenden Sitzreihe. Melodien nach Gehör singen, gemeinsam mit den anderen zusammenklingen, Harmonien durch die richtige Intonation zum Strahlen bringen – in solchen Übungen geht es nicht nur um die eigene Stimme (wie zum Beispiel in der Stimmbildung und im Gesangsunterricht), sondern um den Klang im Chor. Und wenn der Zusammenklang stimmt, macht das Singen im Chor richtig viel Spaß.

So studiert unser Chor neue Stücke ein

Dann geht es an die zu probenden Stücke. Momentan stehen Disney-Musicalstücke auf dem Probenzettel – zur Freude so mancher Sänger: „Diese Melodien gehen einfach sofort ins Ohr und wir haben tolle Passagen in unserer Stimmlage“, freut sich eine Altistin. Zum ersten Kennenlernen verfolgen die Probenden ihre Stimmlage auf den Noten, während Stefanie Fersch am Flügel den Gesamtklang vorführt. Dann kommt passagenweise jede Stimme einzeln an die Reihe und schließlich sind alle zusammen zu hören. „Jeder kann fragen, wenn er eine Passage noch einmal proben möchte“, erzählt eine Sopranistin. „Und wenn es doch noch hakt, haben wir alle eine spezielle Software auf unserem PC oder Laptop zu Hause. Damit können wir jede Stimme einzeln üben.“ Eineinhalb Stunden dauert die Probe, bis alle die geschwungene Treppe im Schlösschen nach unten schreiten und mit einem Ohrwurm im Kopf nach Hause fahren.

Mitsingen im Chor

Wer mitsingen möchte, kann gerne Kontakt mit uns aufnehmen. Notenkenntnisse und Gesangerfahrungen sind gern gesehen. Besonders willkommen sind uns singende Männer – denn wie in vielen anderen Chören auch, gibt es bei uns einen deutlichen Frauenüberhang. Melden Sie sich gerne zu einem unverbindlichen Gespräch oder schnuppern Sie in eine Probe hinein.

Eine Probe mit dem Vokalensemble

Zusammenklingen, Harmonien, Wohlklang – nicht immer sieht Chorgesang so aus. Manchmal bestimmen Dissonanzen den Chorklang. Und das mit voller Absicht. Wenn ein Ges und ein F zusammen erklingen, dann reibt das ganz gewaltig. Wenn die Sängerinnen von Alt und Sopran das Halbton-Intervall gleichzeitig anstimmen, dann strebt die Musik mit Macht zur Auflösung hin. Doch bis die kommt, ist Aushalten angesagt. Und das ist gar nicht so leicht.

Schwierige Noten proben

In ihrer letzten Probe vor den Sommerferien probte das Vokalensemble vor allem diese Reibestellen. Und die sind ganz schön schwer zu singen. Unwillkürlich will das Ges zum F und das F zum Ges, der Sorpan will sinken, der Alt aufsteigen, und beide dürfen es nicht! Bis ein Intervall „richtig falsch“ klingt, ist Feintuning gefragt. „Falsch falsch“ will ja keiner. Und erst wenn der Ton im Ohr schabt, stimmt die Dissonanz. Ob wir einen Klang als angenehm oder unangenehm empfinden, liegt übrigens wahrscheinlich an unserer kulturellen Prägung in der Welt der westlichen Musik. „Viele Forscher gehen bislang davon aus, dass die ästhetische Reaktion auf Gleichklänge biologisch bedingt und quasi weltweit angeboren ist. Musik-Ethnologen und Komponisten hingegen nehmen zumeist an, dass Gleichklang (Konsonanz) ein Produkt westlicher Musikkultur ist,“ heißt es dazu in einem Spiegel-Artikel. Zu verdanken haben wir die herrlich im Ohr kratzenden Stellen dem finnischen Komponisten Jussi Chydenius, Jahrgang 1972. Sein „The Sound of the Sea“ mit wogenden Melodieführungen leitete uns gedanklich auch schon einmal in die Ferien. Die Sängerinnen hatten es gestern also ein bisschen schwer. „Sind wir denn wirklich solche Kratzbürsten?“, war als Seufzer von Petra zu hören. Martin war es dann, der scherzend die positive Botschaft aus all der Dissonanz zog: „Dissonanzen erzeugen Reibung und Reibung erzeugt Wärme und Wärme ist doch etwas Positives!“ Ganz harmonisch ging die Probe dann mit dem gemeinsamen Pizzaessen zu Ende. Einziger Wermutstropfen: Jerome fehlte. Klangliche Reibereien gab es daher diesmal auch nur zwischen den Frauen. Martin war als einziger Mann heute ganz harmonisch mit sich selbst im Einklang. In kompletter Besetzug sehen wir uns im September wieder, wenn wir uns neuen Dissonanzen und Konsonanzen widmen (pha).